Bremen, 14 oktober 2017
Liebe Freunde und Freundinnen,
In meiner Jugend habe ich die deutsche Sprache gefürchtet und gehasst. Es war die Sprache des Feindes. Später las ich Hölderlin, Rilke, Thomas Mann, Paul Celan. Sie schrieben nicht die Sprache des Feindes. Manchmal, wenn ich sie las, vergaß ich die Zeit.
Ich wurde für immer von meinem Hass und meiner Angst geheilt, als ich 1994 in Bremen meine Lieder in der deutschen Sprache singen hörte, unter anderem von der Schola der Kleinen Kirche Osnabrück, unter der Leitung von Ansgar Schönecker.
Ich wusste schon seit einigen Jahren, dass die Lieder im Bremer Lehrhaus mit Sorgfalt und Liebe übersetzt wurden durch Hanns Keßler, Annette Joerges, Birgitta Kasper-Heuermann, Frans Doevelaar (gestorben 2015) und durch meinen langjährigen Liedgefährte Kees – Cornelis – Kok.
Als ich sie auf Deutsch hörte und sah, wie liebevoll sie gesungen wurden, erfuhr ich eine neue Jugend, eine Trennmauer war abgebrochen. Jetzt erklingen sie an ganz verschiedenen Orten, von Bremen bis Prien am Chiemsee, von Hamburg bis Würzburg, von Innsbruck bis Wien, und dank dem Theologen Peter Spinatsch (diesen Sommer gestorben) von Bern bis Luzern.
Auch mein Freund Alex Stock, großer Theologe zu Köln, der uns voriges Jahr genommen wurde, hat dabei eine wichtige Rolle gespielt.
Mein Lebenswerk liegt im Sprechen über Gott. Was Gott? Wer Gott? Wer ist Gott nach dem „Tod Gottes“? Ich habe mit meinen Leserinnen und Lesern, Sänger und Sängerinnen abgemacht, wer „Gott“ für uns ist: Der Eine, der uns in der Sprache der Bibel den Auftrag gibt, solidarisch miteinander zu leben, weil der Mensch neben dir ein Mensch ist wie du, ebenso unscheinbar, ebenso einzigartig. Und Gott ist der, der uns gesagt hat, dass wir den Fremden in unserer Mitte respektieren sollen, „denn ihr seid selber Fremdlinge gewesen im Lande Ägypten“.
Darüber singen auch die Lieder, die hier heute aufklingen.
Dank Hanns Kessler und all den Anderen.
Gott sei Dank.